28. Juli 2013

 

1893 

 



Die Mitgliederversammlung ist geschafft, mit dem alten Wappen und Bernd Wahler als sympathischen und sehr heimatverbundenen Neu-Präsidenten kehrt rechtzeitig zum Saisonstart allmählich Ruhe beim VfB ein, in Donaueschingen werden die letzten Läufe absolviert, die Mannschaft wurde in den Testspielen maximal durchrotiert, die Ergebnisse können sich dennoch ganz gut sehen lassen und die Stimmung im Verein ist so gut wie schon lange nicht mehr. Da ist es doch passend, dass in einer Woche mit der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals alles dort beginnt, wo wir einen so glanzvollen Abend
erleben durften - in Berlin.

 

Ich habe es schon oft erwähnt, aber ich kann es einfach nicht sein lassen: Die Vorzeichen für die Saison 2013/2014 stehen so gut wie schon lange nicht mehr. Die Stimmung im Verein ist beruhigt, die Vorbereitung verlief optimal, auch wenn am Ursprung der Donau hin und wieder das Training aufgrund von Wetterkapriolen unterbrochen werden musste, die entscheidenden Transfers sind alle eingetütet, eine Linie ist erkennbar. Da kann schon mal Euphorie aufkommen.

 

Doch zu Mannschaft, Spielsystemen, möglichen Ideen, sowie einer Prognose möchte ich kommende Woche weitere Worte verlieren.

 

„1893 - hey, hey!“. Dieser Ausspruch hallte nun jahrelang deutschland- und europaweit aus den Gästeblöcken heraus durch die Stadien. Natürlich war der Support für den eigenen Verein dadurch gewährleistet und sicherlich gegeben. Doch hatte dieser Schlachtruf einen durchaus tieferen Sinn: die Abkehr vom „neuen“ Wappen, von „Stuttgart“ wieder zurück zu „1893“. Durch verschiedene Faninitiativen wurde diese Forderung dann auch an die Vereinsführung herangetragen.

Sicherlich, die Idee den Namen der Stadt aus welcher der Verein stammt, mit auf das Logo zu nehmen ist nicht verkehrt, möchte man neue, ferne Märkte erreichen. Jedoch hätte, wie schon so häufig, die Art und Weise wie man das mit den eigenen Fans und Anhängern kommuniziert eine andere sein sollen. Nun gut, mir wäre eine kombinierte Lösung lieb gewesen, also „1893“ und „Stuttgart“ in einem. Aber das ließe sich nun ja auch in Verbindung mit einem beflockten Trikot bewerkstelligen.

Beeindruckend finde ich, mit welcher Hartnäckigkeit und mit welcher Intensität die Faninitiativen agiert haben. Es wurden klare Konzepte ausgearbeitet, mit einer durchgehenden Beständigkeit wurde der Fokus immer wieder auf das alte Wappen gelenkt und das auf eine sehr friedliche und niveauvolle Art. Und letztlich hat man damit auch Erfolg gehabt. Da kommen leise Gedanken auf, wieso das gerade bei dieser Sache funktioniert und bei anderen Entscheidungen eine andere, härtere Gangart mit weniger Feingefühl seitens der „Fans“ gewählt wird. Vielleicht sollte man sich in Zukunft hieran ein Beispiel nehmen, wie es besser geht.

 

Heute soll das Augenmerk jedoch noch auf eine andere Thematik gelenkt werden, nämlich das Sponsoring. Im Zeichen des Sterns steht der VfB schon seit jeher. Im Jahre 1904 begann im Werk Untertürkheim die Herstellung von Motoren, Getriebe und Achsen. Bis heute ist er einer der wichtigsten Standorte weltweit für Mercedes-Benz.

In direkter Nachbarschaft: der VfB. Die Partnerschaft hält schon sehr lange an, so war die heutige Daimler AG einer der ersten Sponsoren für eine Sportarena, aus dem Neckarstadion wurde das Gottlieb-Daimler-Stadion. Nach dem Mercedes Museum, dem Carl Benz Center entstand an der Mercedesstraße schließlich die Mercedes-Benz Arena. Eng verknüpft. Auch wenn in der Stadt der zwei Autogiganten der andere stets nicht fern ist. In der unmittelbaren Umgebung wurde neben der Hanns-Martin-Schleyerhalle die Porsche-Arena eröffnet. Neben den Beteiligungen an den jeweiligen Gebäuden, sowie mit großen Beiträgen für das neue Stadion tritt die Daimler AG nun auch endlich als Hauptsponsor in den Vordergrund. Da der Stern aber bereits die Trikots der Nationalmannschaften des DFB ziert, geht man den Umweg über die Mercedes-Benz Bank. Doch der VfB ist natürlich mehr als der Stern. Porsche möchte dem Stadtrivalen in keiner Weise nachstehen und kauft sich ebenfalls in die Arena ein. Die Gegentribüne wird seitdem von interessanten und durchaus einfallsreichen Slogans geziert. Trotz der Markenwidersprüche finde ich, sind hier einige sinnvolle Synergien entstanden, die sich gegenseitig auch nicht schaden.

 

Doch diese Geschichte wird nicht von allen Seiten so rosig gesehen. Es geistern immer noch Gerüchte durch die Straßen, dass Porsche sehr gerne beim VfB als Hauptsponsor eingesprungen wäre, nachdem Gazi damals angekündigt hatte, sich zurückziehen zu wollen. Diesen Deal zwischen dem Sportwagenhersteller aus Stuttgart-Zuffenhausen und dem VfB hätten wohl einige VfB’ler, die dem Stern von Berufswegen her etwas näher stehen, verhindert. Inwieweit das zutrifft und ob der VfB dadurch finanziellen Schaden genommen hat, ist nicht bewiesen, zudem sind die jeweiligen Aussagen umstritten. Wäre die Situation doch nur in allen Bereichen so luxuriös vorteilhaft.

 

Denn betrachtet man das weitere Sponsoring, abseits des Stadions, des Trikots und der beiden Autohersteller, herrschte noch bis vor kurzem große, gähnende Leere.

Dabei muss man sich wirklich fragen, warum das so ist. Die Wirtschaftsregion Stuttgart sucht deutschlandweit seinesgleichen. Studien, bereinigt von politischen Bevorteilungen wie beispielsweise an chinesischen Standorten oder in den Vereinigten Arabischen Emiraten, sehen diese doch recht überschaubare Region nicht nur europa- sondern weltweit ganz vorne mit dabei. Es gibt unzählige erfolgreiche Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen. Aber warum interessiert sich hier niemand für den VfB? Warum möchte niemand die Qualitäten seines Unternehmens mit denen des VfB verknüpft und ins Land hinaus getragen sehen?

 

Dazu gibt es sicherlich nicht die eine richtige Antwort. Es ist vielmehr ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren. Zum Einen die sportliche Entwicklung des VfB. Erfolge sind zwar vorhanden, stehen jedoch nicht an der Tagesordnung. Zudem kommt die vor allem in den letzten Jahre große Unruhe im Verein hinzu. Verantwortliche, aber auch Fans haben oftmals nicht gerade ein positives Bild nach außen hin gegeben. Zwar waren die Auswüchse stets nur Ausnahmen, medial werden diese aber meist in den Vordergrund gestellt. Die Fanbasis an sich hingegen kann sich durchaus sehen und messen lassen. Betrachtet man einmal die Firmenstruktur im Ländle so könnte das ein weiteres Bruchstück für die Misere liefern. Es handelt sich hier vor allem um mittelständische Firmen und Kleinunternehmer. Zwar gibt es einige so genannte Global Player wie die beiden Autohersteller, Bosch, Stihl, Trumpf, Behr, Festo, Kärcher, Märklin und noch zahlreiche mehr, jedoch zählen die meisten in die kleineren Segmente.  Ein wichtiger Grund speziell auf den VfB gemünzt, warum es nicht läuft: man konnte den Unternehmen nicht den richtigen Zugang vorlegen, nicht die passenden Möglichkeiten bieten. Die Firmen fanden beim VfB kein maßgeschneidertes Konzept vor. Das hat sich geändert und soll sich noch weiter verändern.

 

Um die Lösung zu finden, muss man nur einige Kilometer weiter von Stuttgart aus die Autobahn A8 in Richtung München nehmen. Ich mache das höchst ungerne, aber der Blick auf den FC Bayern München liefert die entscheidende und beeindruckend umgesetzte Lösung!

Natürlich findet man hier ganz andere sportliche Voraussetzungen, was Erfolge und eigene Finanzkraft betrifft, vor. Doch die Methoden, Wirtschaftsunternehmen für sich zu gewinnen und ihnen, wie Uli Hoeneß so schön ausgedrückt hatte, „das Geld aus der Tasche zu ziehen“ sind davon unabhängig gleich. Die FC Bayern München AG ist dabei als Tochtergesellschaft des Fußballvereins gegründet worden und betreibt unter anderem die Mannschaften, sowie das Stadion. Zudem hatte man sich Audi und Adidas mit ins Boot geholt. Sie halten feste Anteile an dieser FCB AG. Doch wie hat man es geschafft, Unternehmen aus der Region München, eine Region mit vergleichbarer Struktur und Stärke wie um die baden-württembergische Landeshauptstadt herum, zu integrieren? Dem liegt ein einfaches Konzept zugrunde. Man vermittelt zwischen den einzelnen Unternehmen. Man hat einen Sponsorenpool kreiert, in welchen Unternehmen gegen Bezahlung eintreten können und sich dann zu verschiedenen Events getroffen und ausgetauscht werden kann. Nach dem Motto „Sehen und gesehen werden“ wird rund um das Thema Fußball herum so eine Kontaktbörse geschaffen. Das Absurde daran: hier spielt der Fußball nur noch maximal die zweite Geige. Unternehmen reißen sich darum, in diesen erlauchten Kreis eintreten zu können. Dafür werden schon mal teure Logen angemietet oder dem Verein Vergünstigungen angeboten, wobei man selbst draufzahlt. Die Attraktivität dieses „Gesellschaft“ hat so enorm zugenommen, dass diese bereits mehrfach geschlossen werden musste, ein Aufnahmestopp. Die aktuelle Lösung des FC Bayern dafür: die Basketball-Abteilung.

 

Hier eröffnet man sich nun weitere Chancen. Neben dem Sponsoring und der damit verbundenen Möglichkeit zur Erweiterung des Sponsorenpools ist der Basketball in Deutschland noch ein unbeschriebenes Blatt, es gibt wenn überhaupt mit Alba Berlin nur ein Topteam, und somit sind Erfolge bei geringem finanziellen Risiko nicht nur möglich, sondern auch vorprogrammiert. Als Anregung hierzu: man hätte sich ja auch Handball aussuchen können, doch hier gibt es in Deutschland bereits einige große Player wie in Kiel, Flensburg oder im Rhein-Neckar-Raum um Mannheim herum. Aus meiner Sicht das einzige Manko: die verkauften Anteile an Audi und Adidas. Man hatte Borussia Dortmund immer wieder wegen des Börsengangs kritisiert. Aber selbst hat man auch jeweils 9,1 Prozent aus der Hand gegeben. Zwar an wohl ausgesuchte Partner, die auch sicherlich gut passen, aber unbegrenzt kann man das auch nicht weiter vollziehen. 



 

Nun aber zurück zum VfB. Auch hier hat man vom großen Nachbarn gelernt und im Business-Bereich endlich aufgerüstet. Konzepte wurden entwickelt und können nun den einzelnen Unternehmen vorgelegt werden. Die Zahl der Partner ist schlagartig in die Höhe gegangen, die Partner des VfB Stuttgart können sich nun auf mehreren Ebenen einkaufen. Eine vergleichbare Plattform wie die des FC Bayern München gibt es nun auch und sie findet großen Anklang in der Region und darüber hinaus.

 

In wirtschaftlicher Hinsicht ist ein Fußballverein nicht erst seit kurzem selbst ein eigenes Wirtschaftsunternehmen. Mit der Ware Fußball versucht man Unterhaltung und Anlässe zu liefern andere Unternehmen in Kontakt zu bringen.  Fußball ist zu mehr geworden als das Spiel mit dem Ball, dem Trikotsponsor und Fernsehübertragung und Bandenwerbung. Sportliche Erfolge sind hier hilfreich, aber nicht mehr zwingend der zentrale Punkt. Aber, und das sieht man beim FC Bayern München, mit dem wirtschaftlichen Erfolg kommt dann auch irgendwann der sportliche hinzu. 

 

Zum Teil stürmische VfB-Grüße aus Münster!

 

Euer Gunther

 



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